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Bitterstoffe im Kaffee: Wie viel darf’s denn sein?

Bitterstoffe im Kaffee: Wie viel darf’s denn sein?

Gehörst du zu denen, die Bitterstoffe im Kaffee mega-gut finden? Oder sind Bitterstoffe im Kaffee für dich mega-gruselig?

An der Menge und am Geschmack der Bitterstoffe im Kaffee entzünden sich regelmäßig die Gemüter.

Vielmehr noch: Bitterstoffe gelten oft als Merkmal für “schlechten” Kaffee.

 

Dieser Artikel hilft dir,

  • zu verstehen, warum Bitterstoffe uns so bewegen,
  • zu erkennen, woher die Bitterstoffe im Kaffee kommen,
  • zu verstehen, an welchen “Schrauben” du drehen kannst, um deinen Kaffee und seine Bitterkeit zu beeinflussen.

Warum machen wir einen Hype um die Bitterstoffe im Kaffee?  4 Erklärungsversuche 

#1: Grundlage der Sensorik

Bitter ist eine unserer fünf Grundgeschmacksarten, neben Sauer, Süß, Salzig und Umami und von daher per Definition wichtig. Bitterstoffe nehmen wir über die ganze Zunge verteilt auf, nicht wie oft angenommen, nur in einem bestimmten Teil der Zunge. Jede unserer Geschmacksknospen besitzt die Fähigkeit jeden Grundgeschmack zu erkennen. 

#2: Grundlage der Biologie

Dabei erleben die meisten von uns den Geschmack von bitter als unangenehm. Warum ist das so? Biologisch betrachtet funktioniert gerade der Geschmack von bitter als Warnsignal. Achtung! Sagt der Körper, hier könnte etwas Giftiges lauern und dich töten! Rein von der Evolution her betrachtet, ist es unser natürlicher Reflex, Bitterem mit Skepsis zu begegnen. 

#3: Aus der Geschichte 

Oftmals ist der Geschmack bitter bei Kaffee-Konsumenten negativ besetzt. Seit jeher wird Kaffee mit Milch und Zucker genossen, das war schon bei den Osmanen und den Österreichern vor einigen hundert Jahren so. Die Erfahrung, dass Kaffee auch nicht-bitter schmecken kann, und überraschenderweise ähnlich wie Tee schmecken kann, machen Konsumenten immer öfter. 

#4: Irrtum der Sensorik

Dennoch verwechseln viele Kaffeetrinker „sauer“ und „bitter“, was dazu führt, dass ein säurebetonter Kaffee oftmals als „viel zu bitter“ abgetan wird, und der Kaffee-Profi daneben verwirrt dreinblickt. Warum das so ist, soll uns in einem anderen Artikel beschäftigen. 

Die Dosis macht den Genuss

Bittere Komponenten im Kaffee sorgen für die oft geforderte und gelobte Balance eines Kaffees. Erst das richtige Verhältnis von Säuerlichkeit, Süße und Bitterkeit lässt einen Kaffee gut schmecken. Spüren wir von einem Stoff zuviel in unserer Tasse, dann schmeckt der Kaffee unrund, es sticht vielleicht oder legt sich wie ein langanhaltender Film auf unsere Zunge. Das ist unschön und ein guter Grund, diese Tasse stehen zu lassen (schweren Herzens). 

Bevor wir uns schauen, wie wir die Menge der Bitterstoffe beeinflussen können, sollten wir wissen, welche Bitterstoffe wann entstehen: Welche bringt die Pflanze mit und welche beeinflussen wir durch Röstung und Zubereitung? 

So bitter wie…

Du hast Lust, deinen Kopf zu fordern? Da habe ich etwas für dich:

Welches Gemüse und welche Früchte fallen dir ein, die bitter schmecken?

Wie viele findest du in 30 Sekunden?

Die 3 Ursachen, die jeden Kaffee bitter machen

Erstens: Die Kaffeekirsche selbst

Die Kaffeekirsche selbst produziert Bitterstoffe, und zwei davon kommen am Häufigsten vor: Da ist einmal Koffein und dann sind da noch die Chlorogensäuren. Beginnen wir mit dem Koffein. 

Dieser ist bei einer Canephora naturgemäß höher, schließlich produziert sie Koffein, um sich lästige Mücken mittels dieses Giftes vom Leib zu halten. Arabica-Pflanzen wachsen in der Regel in Höhen, in denen es Mücken einfach zu kalt ist. Sie benötigt vom Koffein daher nicht so viel. 

Chlorogensäuren sind entgegen ihrem Namen („…säuren“) sensorisch als Bitterstoffe wirksam. Zu diesen Säuren können wir noch viel sagen, und da machen wir auch nochmal einen eigenen Artikel draus. Für den Moment reicht es uns zu wissen, dass Chlorogensäuren antioxidativ wirken, sowohl bei der Kaffee-Pflanze als auch beim Menschen.

Die Kaffeepflanze produziert Chlorogensäuren aus vielen Gründen, unter anderem, um ihren Stress-Pegel wieder in die Balance zu bringen. Denn auch Pflanzen können gestresst sein. Bei Kaffeepflanzen kann das durch übermäßige Hitze durch Sonneneinstrahlung oder unerwartete Kälte passieren. Daher ist ein konstantes Klima für diese Pflanzen optimal und notwendig.

Kleinere Schwankungen gleicht die Pflanze selbstregulierend aus. Und auch uns Menschen tut diese antioxidative Wirkung der Chlorogensäuren enorm gut, denn sie verlangsamen die Zellalterung. 

Zweitens: Die Röstung

Durch der Röstung kann es nochmal bitter werden: Melanoidine, die während der Maillard-Phase entstehen, machen sich sensorisch als Bitterstoffe bemerkbar.

Sie haben auch noch andere Funktionen, zum Beispiel geben sie dem Kaffee die Farbe, wirken im Espresso bei der Crema mit und tragen zur Empfindung des Mundgefühls („Körper“) bei. 

Im weiteren Röstvorgang kann es dann zur Karamellisation kommen. Klingt lecker? Ja, auch hier ist Augenmaß gefragt, denn wir alle wissen, dass verbrannte Kohlenhydrate überhaupt nicht lecker sind, denn sie schmecken nur nach verbranntem Zucker, röstig, bitter, unangenehm.

Schießen wir bei der Röstung über den idealen Punkt hinaus, der aus süßem Karamell verbrannten, bitteren braunen Zucker macht, fügen wir unserem Kaffee einen weiteren Schwung Bitterstoffe hinzu. 

Drittens: Die Zubereitung

Besondere Sorgfalt ist bei der Zubereitung eines Kaffees geboten.

Im Gegensatz zu einigen anderen Getränken (zum Beispiel Wein), können wir mit wenigen Handgriffen das Geschmacksergebnis ruinieren oder reißen. 

Die Quelle übermäßiger Bitterstoffe ist hier die Überextraktion. Dies führt zu einer unausgewogenen Tasse und kann beim Kaffeetrinker zum Milch-Zucker-Reflex führen.

Zum Glück gibt es Rezepte und Standards, an die wir uns halten können, um eine Überextraktion zu vermeiden. Unter Rezepten verstehen wir ein passendes Verhältnis von Wasser und Kaffeemehl, welches zu genau so viel Extraktion führt, dass genügend Bitterstoffe, Süße und Säuerlichkeit in der Tasse landen.

Idealerweise bewegen wir uns zwischen 18 bis 22 Prozent Extraktionsrate. 

Fazit: Welche Parameter kann ich als Röster beeinflussen? 

Stellen wir uns zunächst die Frage der Fragen:  Wollen wir explizit Bitterstoffe in unserer Tasse finden, oder wollen wir eher weniger Bitterstoffe in der Tasse finden. Oder anders: Wie bitter soll es denn werden dürfen?

Das muss jede/r Röster/in für sich selbst entscheiden, denn es berührt auch Fragen der Kundschaft und des Zielmarktes oder der geplanten Zubereitung. 

Wir können also an diesen Punkten ansetzen:

Auswahl der Kaffeesorte: Lieber Arabica oder lieber eine Canephora? 

Auswahl des Röstprofils: Weniger Melanoidine und Produkte der Karamellisation finden wir in eher helleren Röstungen, mehr davon gibt es in eher dunkleren Röstungen.

Auswahl der Zubereitung: Geben wir dem Verbraucher, Gastronomen oder Techniker die richtigen Parameter für eine ausgewogene Zubereitung schon an die Hand, überlassen wir eine Überextraktion nicht mehr dem Zufall, sondern helfen bei der Zubereitung