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Wie finde ich den richtigen Kaffee?

Wie finde ich den richtigen Kaffee?

Nehmen wir diesen Kaffee in unser Sortiment oder nicht?

Mal überlegen, mal überlegen, mal überlegen….

Praktisch an jeder Ecke lauert die Verführung toller, köstlicher oder unschlagbar günstiger Rohkaffees.

Doch….sollen wie zuschlagen oder den Deal ziehen lassen?

Was uns hier helfen kann, ist eine Richtlinie oder Philosophie nach der wir Rohkaffee einkaufen. Ein bißchen wie ein Kompass im Ozean verfügbarer Kaffees.

Dieser Artikel ist für dich, wenn du

  • erfahren willst, nach welchen Richtlinien du Rohkaffee einkaufen kannst
  • dir eine Übersicht wünschst und dir für dich passende Richtlinien erstellen kannst
  • dich fragst, warum es sich lohnt, sich ein paar Gedanken zum Kaffeesortiment zu machen

Welcher Kaffee kommt ins Sortiment? 5 Anregungen

Basierend auf dem Tassenprofil

Wir unterstellen uns für diesen Fall mal, dass wir für unserere Rösterei eine genaue Vorstellung von dem sensorischen Tassenprofil haben, welches ein Kaffee mitbringen muss.

Das können bestimmte Eigenschaften eines Kaffees sein, zum Beispiel nur Kaffees mit einer komplexen Säure. Oder Kaffees mit einem flotten Nachgeschmack und einem seidigen Körper. Oder Kaffees, die einfach saftig sind und einen leichten Körper mitbringen.

Dieses liegen wir also für unsere Rösterei fest. Und zwar so, dass eine dritte Person dieses Profil verstehen kann, um zum Beispiel mit uns auf die Suche nach geeigneten Kaffees zu gehen. Das heißt, idealerweise, halten wir unser gewünschtes Tassenprofil schriftlich fest. Nur Kaffees, die dieses Profil erfüllen, haben eine Chance in unser Sortiment zu kommen.

Hilfreich ist es, wenn wir einen aktuellen Kaffee da haben, an dem wir uns orientieren können.

Vorteil

Wir können unabhängig von Anbauland und Verarbeitungsprozess auf die Suche nach geeigneten Kaffees gehen. Der Test, den jeder Kaffee bestehen muss, ist unser festgelegter und individueller Cupping-Test und unsere sensorische Bewertung.

Nachteil

Möglicherweise müssen wir uns durch sehr viele Kaffees schlürfen, bis wir den oder die richtigen für unser Sortiment finden. Für unser Kaffeesortiment kann es auch bedeuten, dass wir immer wieder bei den gleichen Anbauländern landen. Daraus ergibt sich, dass wir viel mehr Kommunikation betreiben müssen, um unseren Kunden die Unterschiede der einzelnen Kaffees zu zeigen.

Basierend auf Anbauländern

Hier stehen uns als Röster zwei Möglichkeiten zur Verfügung. Zum einen das Angebot, Kaffees von verschiedenen Ländern rund um den Kaffeegürtel anzubieten. Damit zeigen wir die Vielfalt von Kaffee aus verschiedenen Anbauländern.

Zum anderen können wir uns auf einige wenige Anbauländer fokussieren. Damit zeigen wir, was Kaffee aus diesen Ländern einzigartig macht.

Vorteil

Wenn wir uns auf einige wenige Anbauländer fokussieren, können wir gut in die Tiefe gehen und sehr verschiedene Geschmacksprofile anbieten. Langfristig werden wir damit zu einem Spezialisten für diese Anbauländer.

Nachteil

Kommt es in unseren gewählten Anbauländern zu Problemen mit der Ernte, haben wir ein Problem mit dem Kaffeesortiment. Wütet ein Sturm, der Kaffeebohrer oder der Kaffeerost, ist schnell ein Großteil der Ernte in Gefahr. Passiert dies, müssen wir schnell handeln oder das Kaffeesortiment anpassen.

Basierend auf Geschichten & Produzenten

Wir können uns auch entscheiden, unser Kaffeesortiment mit Gesichtern und Geschichten von verschiedenen Produzenten aufbauen.

Es gibt sehr große Farmen, Fincas, Beneficios oder Kooperativen aus deren Kaffees sich ein Kaffeesortiment aufbauen lässt.

Unsere Philosophie geht dann so: Nur, wenn der Kaffee von einem Produzenten kommt, der unsere Werte und unser Verständnis von Kaffee teilt, hat er eine Chance in unser Sortiment zu gelangen.

Wir erzählen seine Geschichte, verfolgen die Entwicklung, besuchen den Produzenten und setzen uns intensiv mit seinem Kaffee und seinem Umfeld auseinander.

Vorteil

Wir können in die Tiefe gehen und glaubwürdig unseren Kaffee verkaufen. Wir bieten einen direkten Link zur Farm und zu unserem Produzenten. Unsere Kunden verfolgen Entwicklungen mit. Ihr Feedback zum Kaffee geben wir an den Produzenten direkt weiter und stärken damit unsere Beziehung. Wir werden zu einem Spezialisten seines Kaffees und des Anbaulandes. Und wir erleben hautnah mit, was es heißt guten Kaffee zu produzieren und Qualität zu sichern.

Nachteil

Geschieht etwas unserem Produzenten, geschieht es damit auch uns. Ähnlich wie bei einem Kaffeesortiment, welches auf Anbauländern basiert, können uns auch bei dieser Philosophie Sturm oder der Kaffeebohrer direkt treffen. Vielleicht noch etwas extremer, weil wir auch persönlich eingebunden sind und eine gute Beziehung besteht.

Basierend auf Kundenwünschen

Klingt trivial, oder? Natürlich auf Kundenwünschen, denn für die rösten wir unseren Kaffee, richtig?

Ja und Nein.

In diesem Fall ist gemeint, dass wir unser Sortiment ausschließlich rund um unsere Kunden aufbauen. Es ist ein bißchen wie Lohnrösten, nur nicht einmalig, sondern immer.

Unsere Kunden geben uns also vor, welchen Kaffee wir wie rösten sollen. Praktisch kann das so aussehen, dass wir ein Cupping mit bestehenden oder zukünftigen Kunden unserer Kaffees durchführen. Das können Konsumenten sein, die wir an deinen Entscheidungen teilhaben lassen. Oder auch Gastronomie-Kunden, die uns Rückmeldung geben, wie sie sich ihren Kaffee wünschen.

Vorteil

Wir beziehen unsere Kunden in unsere Kaufentscheidungen ein. Dadurch erhöhen wir die Bindung an unseren Kaffee und geben unseren Kunden das gute Gefühl, Einfluss nehmen und autonom handeln zu können. Sie fühlen sich wertgeschätzt, dass wir sie nach ihrer Meinung fragen, und das fällt positiv auf uns zurück. Zudem kann es hilfreich für uns sein, eine Hand voll Meinungen einzuholen, bevor wir mit unserem Kaffee an unseren Kunden vorbei rösten und auf den Bohnen sitzen bleiben.

Nachteil

Wir müssen klar stellen, was unsere Kunden erwarten können: Betrachten wir ihre Rückmeldung als gleichwertig zu unserer Meinung oder hat ihre Rückmeldung eher eine beratende Funktion? Fehlt dieser Schritt, was unsere Kunden erwarten können, führt dies schnell zu einem Missverständnis. Zudem wollen wir uns vielleicht nicht in die Karten schauen lassen, wie wir unsere Kaufentscheidung treffen. Möglicherweise passt dieser Ansatz unser Kaffeesortiment zu gestalten auch nicht zusammen mit unserem Verständnis als Kaffeeröster: nämlich, wenn wir uns als denjenige sehen, der mit Fachwissen und Erfahrung aus dem verfügbaren Rohkaffee den richtigen Kaffee für die Kunden auswählt.

Basierend auf saisonaler Verfügbarkeit

Wir können unser Kaffeesortiment anhand des Erntekalenders von Kaffee zusammenstellen.

Wir nehmen nur aktuelle Ernten, und wenn die weg sind, sind sie eben weg.

Dazu kennen wir den Erntekalender im Schlaf und wissen genau, wann wir mit dem Rohkaffee rechnen können.

Vorteil

Da wir nur saisonalen Kaffee anbieten, halten wir unser Kaffeesortiment immer aktuell und unsere Kunden können sich auf neue Kaffees freuen. Da unser Kaffee frisch reinkommt, und wir ihn frisch rösten, ist es unwahrscheinlich, dass unser Rohkaffee alt wird und an Feuchtigkeit und Qualität verliert.

Nachteil

Dieser Ansatz erfordert eine gute Planung unseres Kaffeeverkaufs: Verkauft sich ein Kaffee nicht wie gedacht, und droht alt zu werden, müssen wir uns eine andere Verwendung einfallen lassen. Obendrein müssen wir uns gut mit der optimalen Lagerung der Kaffees aus verschiedenen Ländern auskennen: Kaffees aus Äthiopien oder Kenya zeigen ein anderes Verhalten während der Lagerung als Kaffees aus Mittel- und Südamerika. Natürlich können wir auch auch mit geringen Mengen planen, sodass wir nicht auf altem Kaffee sitzen bleiben.

Warum lohnt es sich, ein paar Gedanken an das Kaffeesortiment zu verlieren?

Wir wollen Kunden im Gedächtnis bleiben

Wichtig ist, dass wir überhaupt eine Methode haben, mit der wir unseren Kaffee auswählen. Wir können es auch Philosophie nennen, oder Kriterien oder welcher Ausdruck für uns besser passt.

Das können Kriterien sein, wie wir eben gesehen haben, das können aber auch ganz andere Kriterien sein. Solange wir welche haben, ist alles prima.

Und wenn nicht?
Dann kaufen und verkaufen wir Kaffee ohne Plan und Ziel. Bei über 40 Rohkaffeehändlern alleine in Deutschland, werden wir ziemlich viel Mühe haben, den geeigneten Kaffee für unser Sortiment zu finden.

Zum Start unserer Rösterei machen dir Rohkaffeehändler auch einen Vorschlag für ein Start-Sortiment. Langfristig gesehen, helfen uns eigene Kriterien bei der Positionierung unserer Kaffeerösterei. Denn wir bleiben unseren Kunden für diese eine Art Kaffee auszuwählen im Gedächtnis.

Wir wollen unser Profil nicht verwässern

Auch wenn es manchmal verführerisch erscheint: Wir wechseln nicht zu oft unsere Kriterien nach denen wir unseren Kaffee auswählen.

Denn mittel- und langfristig verwässern wir unser Profil als Kaffeeröster, und die Kaffee-Auswahl, für die wir stehen.

Wir üben also mal , unseren „Nein“-Muskel zu trainieren, und Verführungen, welcher Art auch immer, zu widerstehen. Daher ist diese Anregung vielleicht die Wichtigste, wenn wir unsere Kriterien festlegen.

Wir wollen selber machen statt abgucken

Wir probieren auch nicht allzu oft die Kaffees von Kollegen!

Zumindest nicht mit der Idee, seine oder ihre Kaffees in unser Sortiment zu übernehmen. Jeder Kaffeeröster hat über kurz oder lang seine Bestseller. Das ist der Kaffee, der einfach läuft und einen großen Teil des Umsatzes einbringt.

Der Trick ist: Das funktioniert mit dem Kaffee nur für ihn oder sie. Und muss nicht für uns funktionieren.

Wir können Teile eines Kaffeesortimentes kopieren und das kann das eine Zeit lang gut gehen. Doch ganz sicher kommt der Moment an dem wir gefragt werden, wonach wir genau unsere Kaffees auswählen, die in unserem Sortiment sind. Hier wollen wir eine Antwort geben, die zu uns passt und mit der wir uns wohl fühlen.

Wir wollen aus innerem Antrieb handeln

Anders sein, einfach nur, um anders zu sein. Dies ist keine gute Idee, wenn wir unser Kaffeesortiment zusammenstellen. Es bedeutet nämlich, dass wir unser Sortiment aufbauen, nur um in möglichst vielen Kaffees anders zu sein, als unser/e Mitbewerber.

Wir bestimmen unser Kaffeesortiment also in Abgrenzung zu anderen. Sinnvoller ist es, unser Sortiment aus unserer eigenen Motivation und inneren Antrieb zu erstellen.

Auch gut zu wissen: Einige Kaffees sind bei mehreren Kaffeeröstern im Sortiment. Wichtig ist, warum wir ihn in unserem Sortiment haben wollen und welche Funktion er erfüllt.