Nachgefragt bei Fynn: Wozu die Röster-Software wechseln?

Warum wechselt ein Röster seine Röst-Software, obwohl diese einwandfrei funktioniert?
Wir haben mit Fynn von der Cofymi Kaffeerösterei gesprochen, was sie in der Rösterei zum Wechsel motiviert hat und wie sie vorgegangen sind.

Dieser Artikel ist für dich, wenn du…

…mal überlegt hast, Artisan als Röstsoftware für deine Produktion zu nutzen

…erfahren willst, warum und wie andere Röster sich dafür entschieden haben

…einen Erfahrungsbericht aus erster Hand hören magst.

Von welcher Software auf welche Software habt ihr umgestellt?

Wir haben zuvor den alten Giesen Profiler genutzt, und haben nun auf Artisan umgestellt. Mit der Integration von Artisan Plus, also der Lagersoftware.

Womit fing alles an?

Der Giesen Profiler war bei uns gesetzt, weil wir einfach von Anfang an damit gearbeitet haben. Der war schon da, sozusagen, als wir hier begonnen haben zu rösten. Ich habe auch darauf rösten gelernt und wenn man rösten lernt versucht man erstmal alle Variablen möglichst gering zu halten. Dann fängt man mit der Optimierung des Kaffees and und irgendwann dann noch mit den Prozessen dahinter. Und als ich da mehr und mehr sicherer drin geworden bin und mich zurecht gefunden habe, Kaffee zu rösten, habe ich langsam aber auch gemerkt: ich brauche eine andere Software.

Und dann habe ich mich informiert, was da ins Spiel kommt. Da gibt’s jetzt nicht sonderlich viele Anbieter was Röstsoftware betrifft. Und da haben wir uns gesagt, dass Artisan die Software ist, die wir zumindest mal ausprobieren. Jetzt probieren wir sie seit fast einem Jahr aus und sind sehr zufrieden.

Vorurteil Artisan: Man arbeitet sehr viel an der Software, bevor man damit Kaffee rösten kann? Kannst du das bestätigen oder liegt es anders?

Auf jeden Fall! Also ich habe einen guten Tag gebraucht, Artisan zu integrieren, obwohl ich digital affin bin und mich da gut auskenne. Dennoch musste ich dann ultimativ einen guten Freund von mir anrufen, der IT studiert hat.

Natürlich steht jetzt hinter Artisan auch nicht die große Support-Struktur, oder ähnliches. Es ist eine Freeware. Sie kommt aus dem Home-Roasting Bereich von Leuten, die eben gesagt haben: “wir brauchen für unsere kleinen Röstofen eine möglichst universelle Software, bei der wir jegliche Parameter anpassen können”. Und das merkst du heutzutage eben auch noch.

Du kannst von der Farbe der Linien bis zur Farbe der Tasten bis hin zu der X-Y-Achse-Berechnung und der Rate of Rise jeden möglichen Parameter einstellen, so wie es dir beliebt. Und das ist sehr praktisch.

Ich finde die Grundfunktionen, die ich jetzt nutze, auch vollkommen ausreichend. Da versuche ich auch gar nicht in die weiteren Ebenen zu gehen, da ich einfach Gefahr laufe, alles mögliche zu zerstören. Und bin froh, dass es jetzt wie es ist, für uns sehr gut funktioniert.

Welche andere Röst-Software war bei euch noch in der näheren Auswahl zum Ausprobieren?

Da muss ich kurz bei unseren Bedürfnissen anfangen. Wir hatten das Bedürfnis unser Lager besser abbilden zu können.

Ich habe das damals noch sehr aufwändig mit Excel-Tabellen gemacht, also mit Berichten, Zahlen kumuliert, und den Lagerbestand des letzten Monats mit dem des aktuellen Monats abgeglichen. Vergisst du das mal einen Monat musst du das direkt zwei, drei Monate hintereinander machen, kannst aber gar nicht mehr rekonstruieren.  Und da war bei mir ein sehr großer Schmerz da möchte ich gerne, dass es semi-automatisierter abläuft.

Dann habe ich geschaut, welche Software-Anbieter das abbilden können. Und da gibt es eben zum einen Cropster, was allen bekannt sein wird.  Es ist sehr einfach zu nutzen, sieht sehr gut aus, und bildet auch die ganze Rohkaffee-Lager Situation ab. Zum anderen gibt es natürlich auch noch die praktische Funktion, das Cupping-Protokoll mit zu integrieren, wo du eben auch noch in einer App die ganzen Cupping-Scores und Cupping-Ergebnisse mit eintragen kannst.

Und dazu kannst du deine Rohkaffees hinzufügen. Das ist schon auch sehr praktisch, aber es ist sehr teuer. Und da wir uns in der Anfangs-Phase unserer Rösterei befunden haben, haben wir gesagt, wir brauchen eine Lösung, die zwar auch einige dieser Funktionen anbietet, aber nicht zu teuer ist. Und da sind wir dann eben auf Artisan gekommen.

Ich habe mich dazu informiert und habe auch Rücksprache gehalten mit diversen Kollegen und Kolleginnen. Dann sind wir zu dem Schluss gekommen, ok, die probieren wir jetzt eben aus. Und seither nutzen wir auch Artisan Plus mit der Lagerhaltungs-Software. Das ist dann auch die einzige kostspielige Komponente von Artisan.

Also die Röstsoftware per se ist komplett kostenfrei und wenn du die Lagerhaltungs-Software, Artisan Plus, dazu willst, dann zahlst, du einen monatlichen Betrag.

Wie verhält sich Artisan im täglichen Gebrauch? Bist du noch stets euphorisch oder haben sich neue Schmerzpunkte ergeben?

Als erste Euphorie kann man es definitiv nicht mehr bezeichnen, weil wir jetzt schon etliche Tonnen damit geröstet haben, und nach wie vor zufrieden damit sind.

Von dem her, kann ich sagen, die Bedürfnisse, die ich hatte, bedient dieses Programm sehr wohl. Und das ist vor allem die Lagerhaltungs-Software.

Es gibt den ein oder anderen Punkt von dem ich sagen kann, den kann man noch besser machen. Möglichkeiten des Controlling, mehr Auswertungsmöglichkeiten und von der User Experience her.  Es ist jetzt nicht ganz so schön wie zum Beispiel Cropster. Ich bin eigentlich ein Typ , der gerne darauf achtet, dass Dinge schön sind, aber schlussendlich ist es Produktion und das Programm sieht niemand außer uns.

Ein paar Stellschrauben und Potenzial hat Artisan auf jeden Fall, und es ist ja auch ein sehr dynamischer Prozess der Weiterentwicklung. Die Software-Entwickler sind sehr offen für Rückmeldungen aus der Community, und die sind auch gut dabei das ganze Programm von Monat zu Monat und Jahr zu Jahr zu verbessern.

Sie nehmen die Anregungen, Wünsche und Bedürfnisse der Kunden mit, der Röster und Rösterinnen, aus Deutschland und ich glaube, mittlerweile auch aus der ganzen Welt. Obwohl es ursprünglich ein deutsches Produkt ist.

Was mich an Artisan überzeugt hat, ist, dass du als Neukunde einen 3-monatigen Gratis-Zugang bekommst. Und je nachdem welches Paket du hinterher wählst, kannst du entweder monatliche, dreimonatige, halbjährig Raten zahlen. Je nachdem wird es dementsprechend etwas günstiger oder teurer, und du hast aber auch eine sehr hohe Flexibilität.

Wir haben dann drei Monate dieses System ausprobiert, kostenfrei, und haben dann erst entschieden, wir bezahlen und nehmen jetzt Geld dafür in die Hand.

Was meinst du: Wird es Artisan „ewig“ geben oder stellen sie es eines Tages ein? Gibt es einen Plan B bei euch?

Da mache ich mir keine Sorgen. Die Option, dass das Programm eingestellt wird, besteht immer.

Die letzten beiden Jahre hier bei uns in der Rösterei waren immer dynamisch und man hat uns viele Steine vor die Füße gelegt.  Und aus  dieser Erfahrung kann ich auch sagen, dass wir bis dato auch immer Lösungen gefunden haben. Da verbringe ich keine Zeit mit, mir Gedanken über solche Szenarien zu machen.

 

Hast du deine bestehenden Röstprofile mitgenommen oder neue angelegt?

Ich habe die neu angelegt. Beim alten GiesenProfiler kann mann die sicher auch exportieren, aber damit habe ich mich nicht näher beschäftigt.

Mal ne technische Frage: Auf welchem Betriebssystem arbeitet ihr und gibt da es da eine Version für?

Wir arbeiten auf MacOS, also auf Apple-Geräten. Das ist tatsächlich sehr spannend, weil ich es schon öfter den Mythos gehört habe, dass Artisan dafür nicht zur Verfügung stünde. Damit kann ich hier aufräumen: Das ist nicht so, es steht auch für MacOS zur Verfügung und es funktioniert einwandfrei.

Wir haben jetzt für die Produktion ein etwas älteres Apple-Gerät gekauft, von 2013/2014. Der ist ein bißchen langsamer, aber auch dort funktioniert Artisan einwandfrei. Und ich weiß von Kollegen und Kolleginnen, die Windows benutzen, dass die auch relativ wenig Probleme damit haben.

Also, zur Zusammenfassung, Artisan läuft auf MacOS und Artisan Plus läuft web-basiert, also in der Cloud. Von jedem Rechner kann ich mich einloggen und auf meine Daten zugreifen, kann verschiedene Lager anlegen, kann auch sehen, wie viel noch da ist. Und das geht auch auf dem Handy.

Für wen lohnt sich Artisan, deiner Meinung nach?

Das muss man differenziert sehen: Hier geht es einmal um die Implementierung, also das erste SetUp und danach um die Nutzung.

Die Erstinstallation, wie gesagt, mit der hab ich mich auch sehr schwer damit getan, obwohl ich mich mit IT-Sachen sonst nicht sonderlich schwer tue.

Deswegen kann ich da nur empfehlen, wenn man da jemanden an der Hand hat, der einem das ein bißchen zeigt, oder einen Röster, der es bereits installiert hat, ist das gut.

Wir haben das jetzt gesehen bei einem Rösterkollegen. Er hat sich jetzt auch Artisan zugelegt, oder ist auch von dem alten Giesen Profiler auf Artisan umgestiegen. Der hatte mich gefragt, ob ich ihm da helfen kann, weil ich das schon mal gemacht habe, diesen Prozess.  Bei dem lief das neue System innerhalb von 10 bis 15 Minuten. Dann ist das gar kein Problem.

Von dem her ist es auf jeden Fall hilfreich jemanden zu haben, der sich damit auskennt.  Und die Nutzung, sofern man sich nicht in die Tiefen der Artisan-Software begeben will, ist komplett intuitiv. Nicht so intuitiv wie Cropster, aber man muss auch nicht IT studiert haben.

Wir hatten vorher die alte GiesenProfiler Software genutzt, nicht die neue. Den neuen GiesenProfiler habe ich mir in dem Zuge auch angeschaut. Das sieht richtig gut aus, ist richtig gut gemacht, sehr ansprechend, und coole Funktionen dabei, gar keine Frage.

Die war für mich eben nur raus, weil sie keine Lagerhaltungs-Software mit implementiert haben. Ich hatte dann bei Giesen angerufen und nachgefragt, aber das ist auch erstmal nicht geplant (Stand August 2021; Anm. d. Redaktion).

Dankeschön für das Gespräch, lieber Fynn!