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Der Röststile-Test

Der Röststile-Test

Der Spaß beim Rösten beginnt mit der Verkostung und den sensorischen Eindrücken daraus: Soll ich den Kaffee doch 10 Sekunden früher rausnehmen? Soll ich etwas an der Trommelgeschwindigkeit drehen? Hab ich eventuell zu früh zu viel Energie zugeführt?

Dieser Artikel ist für dich, wenn du

Wissen möchtest, welchen Röststil du bei deinen Röstungen anwendest
Wissen möchtest, welche derzeit bekannten Röststile es gibt
Wissen möchtest, wodurch sich die Röststile sensorisch unterscheiden
Wenn du dich von anderen Stilen inspirieren lassen möchtest

Erst die Verkostung jeder Röstung gibt einen Aufschluss darüber, was in der Trommel passiert ist. Und ob das Ergebnis mit unserer Röstplanung übereinstimmt.

Doch viel grundsätzlicher lässt sich in allen Tassen auch erkennen, ob wir unsere Kaffees immer wieder nach einem bestimmten Muster rösten, also welchen Röststil wir anwenden.

Wie jeder Bäcker hat auch jeder Kaffeeröster seine eigene Art, Kaffee zu rösten. Jetzt mal unabhängig vom individuellen Röstprofil eines jeden Kaffees.

Du willst wissen, welchen Röststil du anwendest? Dann laden wir dich ein, genau das herauszufinden!

Und so geht’s:

  1. Du bereitest ein Cupping aus einem oder mehreren Kaffees deiner Produktion vor.
  2. Lege die hier beschriebenen Röststile daneben und prüfe bei jedem Kaffee, ob er die sensorischen Merkmale eines Stils mitbringt.
  3. Mache dir Notizen dazu.
  4. Werte deine Ergebnisse aus.

 

Alternativ kannst du auch das sensorische Profil deiner Kaffees selbst beschreiben auf einem Zettel und hinterher mit den Röststilen vergleichen, welcher deiner Beschreibung am nächsten kommt.

 

Diese Begriffe charakterisieren deinen Röststil

 Wir verwenden folgende Begriffe, um die verschiedenen Röststile zu charakterisieren:

Light Roast: leichte wahrnehmbare Säuren, wenig Bitterstoffe, wenig Körper, Tee-artig, eventuell leicht unterentwickelt, eventuell etwas „grün“

Fast Roast: Spitze Säure(n) gepaart mit Röstaromen in direkter Abfolge, dadurch unbalanciert aber bekannt beim Konsumenten

Balanced Roast: Ausgeglichen, gutes Säure-Süße-Verhältnis, im Vergleich zu jedem anderen Röststil vielleicht etwas „langweilig“, weil einfach sehr harmonisch

Baked Roast: Noten von dunklem Brot, vor allem im Abgang/Nachgeschmack

Dark Roast: Röstaromen überwiegen, wenig bis keine sensorisch wahrnehmbaren Säuren

 

Vielleicht fragst du dich, wie du den Kaffee bewertest, den du auf dem Löffel hast?

Wir stellen dir zwei Möglichkeiten vor, zum einen das Coffee Score Sheet und zum anderen die Technik der In-/Out-Tests. 

 

Der SCA Kaffeebogen beantwortet im Grunde nur eine einzige Frage

Mit dem Coffee Score Sheet bewerten wir 10 sensorische Eigenschaften eines Kaffees und am Ende steht eine Punktzahl.
Die 10 Eigenschaften sind folgende: Aroma, Flavor, Süße, Säure, Körper, Uniformität, Nachgeschmack, Fehlerlosigkeit, Balance und der Gesamteindruck.

Jede Eigenschaft erhält maximal 10 Punkte. Coffee Score Sheets gibt es von der SCA und auch dem Cup of Excellence, wobei beide Systeme verschiedene Ziele verfolgen. Wir würden dir also in diesem Falle zu dem Score Sheet der SCA raten, oder dein eigenes zu entwickeln.

Die Fragen, die ein Coffee Score Sheet beantwortet, sind: „Ist mein Kaffee ein Spezialitätenkaffee (über 80 Punkte)?“, „Wie viele Punkte erreicht mein Kaffee?“ oder „Welche Eigenschaften stechen besonders hervor (Qualität der Säuren, Körper,..)?“.

Der Vorteil ist, dass du eine genaue Analyse deiner Kaffees bekommst, aufgeschlüsselt nach den einzelnen Eigenschaften. Ideal ist es auch, wenn du Beschreibungen der Aromen oder der Qualitäten deiner Säuren und des Körpers möchtest. Und auch schön ist, eine Punktzahl zu haben, sodass Kunden oder Kollegen einen ersten Anhaltspunkt haben, was sie von dem Kaffee erwarten können.

Ein Nachteil ist: Es dauert lange. Bis das Cupping fertig ist, bis alles verkostet ist, bis alles ausgerechnet ist. Da vergeht gerne mal eine Stunde. Ein weiterer Nachteil ist, dass du für eine belastbare Aussage zur Punktzahl oft mehrere Verkoster brauchst. Aus den Ergebnissen von allen bildest du einen Durchschnitt, der eine realistische Punktzahl abbildet.
Und: Alle Verkoster müssen wissen wie sie das Score Sheet anwenden und als Gruppe „geeicht“ sein, damit sie unter den sensorischen Eindrücken das gleiche verstehen.

Warum sich die In-/Out-Technik für die Kontrolle besser eignet

Für die Verkostung deiner Produktion ist das Coffee Score Sheet eher ungeeignet. Besser ist die Technik des In-/Out-Tests. Eine Tasse stellt unseren Referenzkaffee dar: So soll er schmecken. Wir prüfen bei jeder Tasse, ob sie gleich unserem Referenzkaffees ist, oder nicht. Die Details interessieren uns nicht. Wir prüfen nur auf „passt“.

Der Vorteil dieser Technik ist, dass wir deutlich schneller erkennen, ob unser Kaffee in dem Korridor liegt, den wir als akzeptabel definiert haben. Sie ist einfach und schnell angelegt. Durch den Referenzkaffee geben wir die Reihenfolge der Verkostung vor, denn wir beginnen stets mit ihm und gleichen jeden Kaffee mit ihm ab.

Nachteilig ist, dass unsere Rate-Wahrscheinlichkeit sehr hoch liegt. Das bedeutet, dass bei jeder Tasse, die ich auf unseren Referenzkaffee hin prüfe, die Chance bei 50% liegt, ob ich sage, „ja, stimmt“, oder „nein, stimmt nicht“. Denn eines dieser beiden Ergebnisse wird es auf jeden Fall werden. Selbst mit raten steht meine Chance also ganz gut, den „falschen“ zu erwischen und durchzuwinken, obwohl er eigentlich nicht mit der Referenz übereinstimmt.

Ist es noch ein Röststil oder schon ein Röstfehler?

Von der Zubereitung kennen wir die Fehler der Unterextraktion und der Überextraktion. Dieses Prinzip lässt sich auch auf die Röstung übertragen: Es gibt Kaffees, die sind durch die Röstung unterentwickelt und es gibt Kaffees, die sind praktisch überentwickelt.

Unterentwickelten Kaffees fehlt die Süße der Karamellisation. Diese bindet die wahrnehmbaren Säuren, damit sie nicht unangenehm spitz sind. Es fehlen auch die Produkte der Maillard-Reaktion zur Bildung von schweren Eiweißen, die sich wiederum als Körper bemerkbar machen.

Bei überentwickelten Kaffees haben wir ein zuviel an Produkten der Karamellisation und der Maillard-Reaktion, vielleicht auch ein zuviel an wahrnehmbaren Röstaromen. Sensorische wahrnehmbare Säuren setzen sich hier nicht mehr durch.

Was wir lernen können

Röststile gibt es so viele, wie es Röster gibt. Jeder hat seinen eigenen Stil, seinen Kaffee zu rösten. Die fünf Röststile in diesem Falle kommen bei uns in der Praxis immer wieder vor und sie sind vergleichsweise trennscharf sensorisch zu erkennen.

Sie zeigen auch, wie viel Spielraum in der Röstung eines einzelnen Kaffees besteht. Denn jeden Kaffee kann ich auf diese fünf Arten ausarbeiten oder auf die unzähligen Graustufen dazwischen, und es bleibt im Rohkaffee doch immer der gleiche Kaffee.

Der Röststile-Test kann uns auch zeigen, an welchen Röst-Schrauben wir drehen können, wenn wir unseren Stil in die ein oder andere Richtung drehen möchten. Brauchen wir mehr Süße durch Karamellisation oder mehr Körper durch die Maillard-Reaktion? Nehmen wir Röstaromen etwas zurück oder führen wir sie bewusst zu?

 

Hast du den Test gemacht? Was sind deine Erfahrungen? Erzähle es gerne im Kommentar oder schreib uns eine Nachricht an redaktion@roestprofile.de.

 

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