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Nachgefragt bei Jonas: Kaufst du nochmal einen so hochwertigen Rohkaffee ein?

Nachgefragt bei Jonas: Kaufst du nochmal einen so hochwertigen Rohkaffee ein?

Röstet sich ein teurer, hochwertiger Rohkaffee quasi von alleine, als Selbstläufer? Wir wollten von Jonas von Drei Elf Rösthandwerk aus Hildesheim wissen, wie er so eine Röstung angeht, welchen Stellenwert der neue Kaffee in seinem Sortiment hat und ob der geschmackliche Unterschied den preislichen Unterschied rechtfertigt.

Dieses Interview haben wir im April 2021 geführt. Inzwischen sind hochwertige Spezial-Kaffees regelmäßig bei Jonas zu finden, und die Preisangaben hebst Du einfach um die aktuelle Inflation selbstständig an. 

Dieser Artikel ist für dich, wenn

du auch deinen ersten “natural” röstest und etwas Inspiration brauchst.

dich interessiert, wie Jonas an die Röstung dieses hochwertigen Kaffees herangegangen ist, von dem er insgesamt nur 30 Kilo hatte

wissen willst, ob “teure” Kaffees auch “teuer” schmecken.

für welche Kunden diese Art Kaffee genau richtig ist

Du hast den El Salvador La Dalia geröstet.

Genau

Was ist das für ein Kaffee?

Das ist ein Natural Pacamara, sehr fruchtbetont, sehr süß, mit Aprikose und Pfirsich-Noten, ein bißchen Rohrzucker und ja, es ist der bisher hochwertigste Kaffee, den ich eingekauft habe.

Hochwertig bedeutet, preislich auch der teuerste?

Ja. Der hat im Einkauf 11€/Kilo gekostet. Alle meine anderen Kaffees haben etwas zwischen 6,50 € und 8 €, so in dem Dreh.

Und wie kam es dazu, dass du dich jetzt (Anfang März 2021) dazu entschieden hast, diesen Kaffee zu kaufen?

Das war eine Kooperationsidee zwischen Herrn Schuler (Kaffeerösterei Schuler, Hildesheim; Anm. d. Redaktion) und mir. Christine (Fincas Finest; Anm.d.Redaktion) hatte mich auch seit Tag 1 mal angesprochen, ob ich nicht mal Lust hab auf Kaffees von ihr. Ich kenne ihre Kaffees auch schon aus meiner vorigen Festanstellung und hab sie auch schon persönlich kennengelernt.

Das Problem ist bei mir immer die geringe Abnahmemenge, dadurch, dass wir gerade erst mit der Kaffeerösterei angefangen haben. Ich kriege keine volle Palette zusammen und dazu kommt auch noch der Transport, der sehr teuer ist. Und jetzt hatte Michael etwas bestellt und mich in dem Atemzug gefragt, ob ich dabei sein mag.

Das passte ganz gut, denn ich habe ja ein Standard-Sortiment, was immer mal ergänzt wird durch Limited Editions. Da kaufe ich mal einen oder zwei Sack, um mal was Neues zeigen zu können. Und um einfach den Kunden nochmal in eine andere Richtung zu bewegen, und das soll der „La Dalia“ sein, als der neue Filterkaffee. Der soll nochmal was anderes aufzeigen, als diese klassischen Schoko-Nuss-Noten mit wenig Säure.

Das heißt, du wusstest schon von vorne hinein, dass das ein Filterkaffee wird? Oder könnte das auch noch ein Espresso werden?

Ne, in der Preiskategorie röste ich keinen Espresso, weil meine Espressi eigentlich alle eher so ein bißchen klassisch angehaucht sind. Die sind eher dunkel, schon mit einer süße/Fruchtsüße, aber nicht mit dieser extremen Säure. Ich glaube, dass viele Leute damit nicht klarkommen, bei mir zumindest nicht. Und deswegen ist mir von vornherein klar gewesen, dass so ein hochpreisiger Kaffee bei mir immer ein Filterkaffee ist.

Hast du dich darauf gefreut, den Kaffee zu rösten, als er angekommen ist, oder bist du erst drum herum geschlichen?

Ne, ich hab da selber richtig Bock zu, also in erster Linie, weil ich ihn selber trinken will und nicht in erster Linie weil ich den verkaufen will. Ich trinke meine eigenen Kaffees auch zu 95% zu Hause, und seit langer Zeit hatte ich mal wieder richtig Bock auf einen schönen Natural. So eine richtige Fruchtbombe, sag ich mal.

Und dann habe ich den Rohkaffee bei mir in der Rösterei und dann ist es in der Regel so, dass ich erstmal Probe röste, wenn ich den Kaffee überhaupt nicht kenne, und ich nicht weiß, was in ihm drin steckt.

Dann nehme ich den Ikawa von Thomas (Kaffeeschule Hannover; Anm.d.Redaktion) oder lasse mir direkt Samples geröstet schicken.

In diesem Fall kannte ich den Kaffee schon. Den kannte ich schon aus meiner Zeit in Fulda, und hab mir den Schritt gespart (Probe rösten). Ich habe ihn auch vorher schon geröstet gehabt, aber nach Vorgabe, ohne Eigeninterpretation, sondern nach einer vorgegebenen Kurve, mit einem Röststil, der auch zu 100% anders ist als meiner. Bedeutet: Eine klassische Trommelröstung, niedrige Temperaturen über sehr lange Zeit.

Und ich wußte halt, dass der Kaffee Potential hat, und was in ihm drin steckt, und deswegen habe ich mir den Probe-Röstvorgang gespart. Ich bin direkt an die große Maschine gegangen und habe ihn mehr oder weniger direkt aus dem Kopf heraus geröstet.

 

Dass heißt, du bist direkt an die große Maschine gegangen. Groß heißt in kg?

An die W15 von Giesen.

Hast du den auch voll gemacht?

Ne, den habe ich nicht vollgemacht. Ich habe von diesem Kaffee tatsächlich nur 30 kg, das heißt ein Verrösten ist nicht drin, weil eben nur 30 kg da sind…..

Deswegen habe ich die 30 kg vernünftig aufgeteilt, in 3 mal 10 Kilo-Chargen. Das ist bei dem Röster auch eine gute Auslastung für einen hellen Filterkaffee, ist meine Erfahrung.

Und dann habe ich in etwa eine Vorstellung davon, wie die Kurve aussehen soll, was ich mir als Ziel gesetzt habe. Mir ist Süße persönlich immer wichtig, weil ich glaube, dass sich das besser verkauft als säurebetonte Kaffees. Ja, und dann geht’s los.

Ich habe auf jeden Fall eine Gesamtzeit im Kopf, die ich haben will, ich habe eine Endtemperatur im Kopf, die ich haben will, ich habe eine Entwicklungszeit im Kopf und ich habe eine Farbe im Kopf. Und dann ist es viel Intuition mittlerweile.

Dadurch, dass ich den Röster jetzt schon gut kenne, habe ich dementsprechend auch die einzelnen Gas-Settings im Kopf, wie ich anfangen will, wie viel Energie er am Anfang bekommt, wie ich die Energie dann herausnehmen will, ja, und das hat eigentlich recht gut funktioniert.

Jonas La Dalia El Salvador Rohkaffee

Röstest du öfter Natural oder war das dein erster Natural?

Ja, ne, also Brasilien Natural, aber sonst nicht. Das war jetzt tatsächlich der erste auf diesem Röster und für meine Rösterei.

Hast du dann Herzklopfen, wenn du die Charge rein lässt, oder könnte das auch ein ganz normaler Kaffee aus deinem Sortiment  sein?


Also wenn man selbst Lust auf so einen Kaffee hat, und sich selber im Mund schon vorstellt, wie der schmecken soll, dann will man auch, dass der so wird. Also, da bin ich zumindest sehr perfektionistisch veranlagt. Es kann sein, dass viele da etwas anders rangehen nach der Devise „joah, rösten wir mal und dann gucken wir mal wie er schmeckt“. Ich habe schon eine relativ konkrete Vorstellung und versuche diese Süße zu suchen, irgendwo. Und da war ich dann seit langer Zeit auch mal wieder nervös.

Ist diese Nervosität vergleichbar mit so Lampenfieber oder was ist das für eine Art von Nervosität?

Das ist mehr :„Jetzt abliefern“. Also das ist jetzt vielleicht ein hinkender Vergleich, aber ich habe lange Leistungssport gemacht und lange Volleyball gespielt. Und ja, es ist so ein bißchen ähnlich. Du trainierst im Prinzip die ganze Woche und am Wochenende, so fünf Minuten vor Spielbeginn muss du halt da sein, und dann bist du innerlich nervös, aber du weißt, wenn du das Selbstvertrauen mitbringst, dann geht’s los. Da musst du alles andere ausschalten und dich darauf fokussieren und klar im Kopf sein. Das Adrenalin hilft mir dann ganz fokussiert, arbeiten zu können.

Also, wenn man seine Standard-Kaffees röstet, dann macht man nebenbei auch noch andere Dinge, weil man weiß, „ob der jetzt 5 Sekunden länger drin ist oder nicht, das ist zweitrangig, der Kaffee verzeiht das“. Für mich zumindest. Es gibt sicher den ein oder anderen Kollegen, der das wahrscheinlich anders sieht, aber für mich geht das.

Lässt die Anspannung etwas nach, wenn sich die Trommel dreht?

Ich habe in der Regel schon ein Gefühl dafür, ob das auf dem richtigen Weg ist oder ob etwas nicht so läuft wie ich mir das vorstelle. Das entscheidet sich ziemlich früh. Ich würde sagen beim Einsetzen vom Farbwechsel. Ab da habe ich das Gefühl, ob ich auf dem richtigen Weg bin, oder ob etwas nicht so läuft wie ich mir das vorstelle.

Und das war in diesem Falle eigentlich auch so. Also ein gutes, positives Grundgefühl, von dem ich so weiß, dass ist ok und das fahre ich jetzt so zu Ende wie ich mir das vorgestellt habe. Und dann läuft das, ja.

Hast du deinen Kaffee schon verkostet?

Ja.

Wie bewertest du den Kaffee in Abgleich mit dem, was du dir vorstellt hast?

Ich habe ihn nicht gecuppt, sondern ich habe ihn einfach aufgebrüht mit einem Handfilter. Ich muss sagen, dass ich die Süße super finde. Am Anfang kommt die Frucht auch gut raus. Ihm fehlt noch etwas die Spritzigkeit. Da hatte ich mir ein bißchen mehr erwartet. Ich werde ihn jetzt nochmal cuppen, wenn er dann ein paar Tage gestanden hat und dann passe ich es an. Und die Grundidee ist, dass ich die Entwicklungszeit etwas kürzer halte, und hoffe, dass dadurch einfach so ein bißchen Säure rauskommt.

Das heißt, du würdest bei der nächsten Röstung auch bei der ursprünglichen Planung bleiben, also bei der 10kg-Taktung?

Ja. Ich würde am grundsätzlichen Setting jetzt nichts verändern. Das einzige wäre, dass ich den Kaffee nach hinten raus einen Tick früher rausnehme. Das ist glaube ich nicht viel, ich glaube so 10 Sekunden, vielleicht 15, na eher 10, und ich glaube, das reicht ihm. Schauen wir mal, bei der nächsten Röstung.

Wenn du den Kaffee sensorisch vergleichst mit dem Sortiment was du hast, würdest du sagen, der sensorische Unterschied rechtfertigt auch den preislichen Einkauf?

Ja, auf jeden Fall. Das ist eine ganz andere Nummer, als das, was ich sonst im Standard-Sortiment habe. Die Fruchtigkeit ist viel komplexer, da ist viel mehr Tiefe drin, und ich habe für mich selber schon feststellt, dass die magische Grenze schon so bei 10€ beginnt, wo du dann wirklich die guten Kaffees auf dem Tisch hast, die sich einfach durch deutlich mehr Komplexität auszeichnen.

Und das ist halt was total anderes und erfüllt den Zweck total. Hier kann ich dem Kunden was anbieten und sagen: “das kennst du garantiert nicht, und das hast du so noch nie getrunken, aber probier mal aus, das ist ein richtig mega hochwertiger Kaffee“. Und ich habe von dem Kaffee auch schon ein bißchen was verkauft, und bin gespannt auf das Feedback.

Hast du Kunden, die so eine Art Kaffee auch fordern oder offen dafür sind?

Ja, das spaltet sich ganz stark in zwei Lager. Du hast die, die am Anfang reinkommen und sie probieren mal aus. Sie probieren sich so ein bißchen durchs Sortiment und finden dann einen, maximal zwei Kaffees, auf die sie immer wieder zurückgreifen.

Dann hast du die, die reinkommen, mit der Frage „hast du was Neues?“. Und das habe ich tatsächlich auch ein bißchen unterschätzt, denn diese Frage kommt relativ (!) häufig. Ja, da hab ich nicht das Gefühl, abliefern zu müssen, aber du schon die Idee, auch diese teilweise schon ein bißchen bei Laune halten.

Ja, und das Problem ist, den Spagat tatsächlich zu finden. Zwischen der Idee, immer was Neues zu zeigen und die Leute mit diesem Neuen dann abzuholen; und dann aber nicht zu enttäuschen, dass der Kaffee nicht mehr da ist. „Wie, den gibt’s nicht mehr? Der war doch so lecker!“ Ja, aber der war halt limitiert.

Ist das ein Projekt, das für dich ud Michael völlig selbstverständlich ist, oder schwingt da auch so etwas mit wie „oh nein, nicht, dass der den Kaffee so röstet wie ich“?

Ne, also wir machen das jetzt zum ersten Mal. Wir kommunizieren aber auch relativ offensiv, dass wir uns nicht als Konkurrenten sehen. Und wir haben uns darauf verständigt, das der eine einen Filterkaffee und der andere einen Espresso aus dem Rohkaffee macht. Und darauf, dass wir den gleichen Preis anbieten, und in diesem Atemzuge nochmal deutlich zu verstehen geben wollen, dass wir uns nicht als Konkurrenten sehen.

Mal gucken, wir haben das jetzt einmal gemacht, wir helfen uns gegenseitig auch aus, wenn irgendwie mal was ist. Neulich zum Beispiel hatte mir ein Sack Brasilianer gefehlt, da hat mir Michael einen für anderthalb Wochen geliehen. Mal schauen, wie es angenommen wird.

Wenn du jetzt mal guckst, kannst du dir vorstellen nochmal einen Kaffee zu kaufen, der jenseits von €10 im Rohkaffee liegt?

Auf jeden Fall. Das soll hier eigentlich nur der Anfang sein. Ich halte diese Mengen auch bewusst klein. Ich glaube, dass es sich auch besser verkauft, wenn du sagst, „hier, da gibt es jetzt nur 100 oder 200 Mal 250g von diesem Kaffee und dann ist vorbei“. Dann hat man auch nicht so den Druck, den Kaffee auf Teufel komm’ raus verkaufen zu müssen, an jeden und jede.

Aber ich habe mir auch zum Ziel gesetzt, die Leute auch auf die Reise mitzunehmen. Also Kunden an ihren aktuellen Standpunkt abzuholen, also auf dem Niveau wo er sich gerade als Kaffeetrinker befindet, um ihn dann auch mal Stück für Stück in so neue Welten hineinzuführen. Und ihm mal andere Sachen zu zeigen.

Und das passiert bei dem ein oder anderen eigentlich ganz gut. Das geht dann los mit so einer ganz banalen Geschichte wie „trink doch mal ohne Milch und Zucker“ oder „probier das doch mal“. Du merkst relativ schnell, wer dafür aufgeschlossen ist und wer seine alten Gewohnheiten eiskalt weiter durchzieht. Und die, die aufgeschlossen sind für Neues, die kann man echt super mitnehmen. Die haben auch echt Bock. Aber das ist auch jedes mal ein Fingerspitzengefühl für denjenigen Kunden, der dann vor dir steht.

Die Röstung auf einen Blick:

  • Röstdauer gesamt: 12 Minuten
  • Temperatur (Einlass): ca. 215 Grad Celsius
  • Temperatur (Auslass): ca. 203 Grad Celsius
  • Entwicklungszeit: 1:15 Minuten
  • Einbrand: ca. 13,9%
  • Ziel: Filterkaffee
  • Rohkaffee: El Salvador “La Dalia” | Paramara | Natural | Ernte 2020/2021
  • Händler: Finca’s Finest
  • Röstmaschine: Giesen W15
  • Cupping Notes: Fruchtig, komplex mit Noten von Pfirsich, Aprikose und Rohrzucker

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