In welche Schublade passt die Finca Idealista?
(K)eine Finca wie jede andere! Doch was genau ist bei der Finca Idealista von den Gold Mountain Coffee Growers so anders?
Sie baut eigenen Kaffee an und nimmt auch Kaffee von anderen Farmern an. Sie ist aber kein klassischer Aufkäufer, der nur den gesichtslosen Kaffee zum Tagespreis einkauft, sondern bietet Training und Wissen an. Aber eine Kooperative ist sie auch nicht. Was genau macht sie dann so besonders und so anders?
Dieser Artikel ist für dich, wenn
du eigentlich denkst “kennste eine, kennste alle (Fincas)” und dich vom Gegenteil überzeugen lassen willst
du ein Farm-Modell kennen lernen möchtest, was in keine Schublade passt
du mal einen Einblick in das Kaffeeland Nicaragua haben möchtest
du einen Kaffee-Tipp für dein Sortiment suchst, mit dem du Stammkunden und Nerds begeistern kannst
„Passt euch Dienstag gegen 14 Uhr?“ fragt Ben Weiner via WhatsApp.
„Perfekt“, sage ich.
„Gut, dann sende ich euch mal die Adresse. Bis dann!“
Ein sehr guter Kaffee-Freund hatte uns auf die Finca Idealista aufmerksam gemacht. Gut, ok, dachten wir, und lasen uns über jene Finca online etwas schlauer. Und mit jedem Artikel, den Roast oder andere internationale Magazine schon veröffentlicht hatten, war uns auch klar: Ein Besuch wäre fantastisch. Das Modell „Finca Idealista“ wollten wir doch genauer sehen und verstehen. Also haben wir uns viele Fragen notiert und sind nun gespannt darauf, live mitzuerleben, was diese Finca so besonders macht.
Die Finca liegt außerhalb von Matagalpa, etwa 30 Autominuten nach Nordosten raus, auf über 1.000 Metern Höhe. Wir parken das Auto an der Mauer des Beneficios. Marcelino ist der Manager und begrüßt uns. Vor ihm stehen African Beds gestapelt und auf dem obersten verströmt eine frische Charge fermentierter Kaffeekirschen einen süßlich-säuerlichen Geruch. Es ist nachmittags gegen 14 Uhr und die Ernte des Tages trifft nun nach und nach ein.
Wir stehen also im Beneficio der Finca Idealista, wo die reifen und saftigen Kaffeekirschen angenommen, weiter verarbeitet und auch kleine Mengen getrocknet werden.
Freundlich, und geduldig mit unseren Fragen, erzählt uns Marcelino über die Finca Idealista, die auf 15 Manzanas (1 Manzana = 0,7 Hektar; Anm. d. Redaktion) sowohl eigene Bäume besitzt, als auch den Kaffee von umliegenden Produzenten aufkauft
Neu? Nein, seit mehr als 10 Jahren schon
Der Großteil der Ernte geht in die USA. Ben Weiner, der Besitzer der Finca Idealista und Gold Mountain Coffee Growers, vermittelt die hochwertigen Kaffees an Röster in den USA. Und das schon seit mehr als 10 Jahren. Doch auch in Europa soll diesen Herbst ein Container ankommen.(Spoiler: Ja, ist er!)
Zwischen 55 und 70 Produzenten liefern ihren Kaffee zur Finca Idealista, wo auch direkt die Weiterverarbeitung, das sogenannte Processing, stattfindet. Getrocknet werden die Kaffees ebenfalls in einem externen Beneficio Seco, wo man sich einmietet und wo auch die sensorische Qualitätskontrolle stattfindet.
Wir fragen ihn nach dem roten Armband, von dem wir gelesen haben. Ja, das gibt es, sagt Marcelino. Die Mitglieder des Qualitäts-Teams erhalten es, und können so stets sehen, ob die Farbe der Kirsche im Korb der Pflücker mit der tiefroten Farbe des Armbandes übereinstimmt. Als wir zum ersten Mal vom roten Armband gelesen haben, waren wir begeistert von der Idee. So einfach eigentlich, um sich auf dem Feld immer wieder daran zu erinnern, welche Farbe in den Korb wandern soll.
Bei manchen macht es “Klack”
Begeisternd finden wir auch, dass viele der Produzenten Lust haben, zu experimentieren und Neues zu probieren. Marcelino erzählt, dass manche Produzenten ihrem Kaffee bei der kontrollierten Fermentation, Früchte wie Ananas, Papaya oder Bananen zugeben.
Neue Prozesse seien nicht leicht zu implementieren, sagt er weiter. Es gibt einige, die wollen und können, weil sie etwas ausprobieren wollen und auch das Equipment haben. Sie probieren den Kaffee aus neuen Prozessen und erfahren, dass dafür mehr bezahlt wird. Dann macht es Klack und sie sind dabei. Bei anderen sei es schwerer. Der Kaffee aus den neuen Prozessen gefiele ihnen nicht. Da blieben viele bei den bewährten Prozessen, die sie kennen.
Und was ist mit Robusta?
Vom Konstrukt her ist die Finca Idealista sehr besonders: Sie ist weder eine Kooperative mit Mitgliedern, noch eine Farm, die nur eigene Kaffees anbaut und exportiert, noch ist sie ein “Acopio”, welches fremde Kaffees aller Qualitäten aufkauft. Es ist eigentlich verrückt und waghalsig: Oder kennst du einen Röster, der neben seinen eigenen Röstungen, Kaffees anderer Röster in seinem Cafe ausschenkt, präsentiert oder in seinem Shop anbietet? So ähnlich ist es aber bei der Finca Idealista. Dabei bleibt der individuelle Charakter jedes Kaffees und jeder Farm, die anliefert, erhalten. Röster sehen genau diese Informationen und alle Charakteristika der Kaffees online ein.
Ob Robusta ein Thema für die Finca Idealista ist, wollen wir wissen. Marcelino verneint. Robusta sei vor allem interessant, wenn es um Kreuzungen und der damit verbundenen Resistenz gegen Krankheiten gehe.
Das nennen wir mal einen Garten
Nach den vielen Infos ist es an der Zeit, ein weiteres Juwel der Finca Idealista zu bewundern: Den so genannten Museums-Garten mit allerlei Kaffee-Varietäten. Marcelino führt uns vorbei an der Aufbereitungs-Anlage und hinein in den wunderschönen Garten.
Hier stehen sie gefühlt alle: Maragoype, Catuai Rojo, Gesha, Typica, Bourbon, Marselleisa, Maracaturra, Ethiopia, Bronze Tipped Gesha, Red Pacamara, Mokka, Yellow Castilla, Laurina, Catuai Amarillo, Villa Sarchi, SL28, Pache Colis, Java, ……
Jede Varietät wächst in einer Reihe, davor ein Holzschildchen für die Kennzeichnung. Alle Pflanzen sind beeindruckend gepflegt, gesund und kräftig.
Wir schauen uns alles an, berühren alle Pflanzen, machen Fotos und lauschen Marcelinos Erklärungen und Geschichten. Einen so sortierten Kaffee-Garten haben wir noch nicht gesehen!
Da lassen wir auch lieber ein paar Bilder sprechen, seht selbst. Einfach durch die Bilder klicken auf den Pfeil am Rand oder zur Vergrößerung auf das Bild klicken.
Dankbar verabschieden wir uns nach diesem eindrücklichen Besuch von Marcelino. Sogar zwei Pakete Kaffee erhalten wir noch!
Aber wir wollen noch von den sensorischen Eindrücken der Kaffees berichten….Denn: Mal sehen, ob die Tasse hält, was die Finca erahnen lässt!
Das Cupping in Athen
Wir sind in Athen, Griechenland. Es ist Mitte Juni und in Athen findet die World of Coffee statt. Via Instagram werden wir auf ein außergewöhnliches Cupping aufmerksam: Gold Mountain Coffee Growers x The Roosters Rösterei in Athen. Da müssen wir eigentlich hin, oder? Nachdem wir das Cupping schon während der offiziellen Messe total verpasst hatten!
The Roosters in Athen ist ein wunderbares Café mit Rösterei, also ein Tipp, wenn Du mal in Athen bist.
Als wir im Café ankommen ist dort viel los! Wir sehen, wie ein großer Cupping-Tisch vorbereitet wird. Dennoch bestellen wir zunächst einen Iced Flat White und einen Flat White, genießen die Atmosphäre im Café und schauen aus der Ferne den Vorbereitungen zu.
Da wir keine griechischen Röster sind, für die das Cupping nun eigentlich gedacht ist, fragen wir zögerlich an, ob wir überhaupt mitmachen könnten. Dazu stellen wir uns kurz vor und berichten kurz von unserem Besuch auf der Finca Idealista in Nicaragua früher im Jahr.
10 US$ pro Pour Over
Ja, sicher, macht mit, lädt uns Kati ein. Kati und ihr Mann betreiben die Rösterei Reprise Roasters in Chicago. Sie sind von dem Ansatz der Gold Mountain Coffee Growers zu 100% überzeugt und schenken den Kaffee als Pourover für 10 US$ aus. Sie kennen Ben Weiner schon seit mehreren Jahren und lieben das Konzept und die Kaffees.
Über 25 Kaffees
Kati und das Team von Gold Mountain Coffee Grovers haben über 25 verschiedene Kaffees der Finca Idealista und den Produzenten mitgebracht. In der ersten Runde geht es um gewaschene Kaffees, die zweite Runde stellt natural und anaerob aufbereitete Kaffees vor.
Auf Anhieb mehrere Lieblinge in der Tasse
Die viele Arbeit der Finca Idealista und den Produzenten hat sich gelohnt, finden wir! Fast ein Kaffee ist besser als der nächste. Jeder bringt spezifische Flavour-Noten mit, bei einem dominiert die Süße, bei dem anderen ist es der lange, süße Nachgeschmack. Wir nehmen Noten von Erdbeer-Joghurt, Rhabarber, Waldfrüchten, Ananas und Orange wahr und finden auf Anhieb mehrere Lieblinge. Selbst der Community Blend für 3.99 US$/lb war unglaublich gut, balanciert, saftig, süß.
Und so schließt sich für uns ein Kreis.
In welche Schublade?
Was uns an der Finca Idealista und den Gold Mountain Coffee Growers begeistert, ist das Konzept der kompromisslosen Qualität in der Tasse: Nur dunkelrote Kirschen, saubere Verarbeitung, stetige Kontrolle, Training, klare Tassenprofile mit sehr hohen Punkten.
Mut + Neugier
Und ebenfalls, dass sie diesen Ansatz zugänglich für andere machen und den Erfolg teilen. Jeder, der sich durch Mut und Neugier diesem qualitätsgetriebenen Ansatz anschließt, erhält planbarere und deutliche höhere Einnahmen für seinen Kaffee. Ohne zusätzlichen Vertriebsaufwand. Denn den übernehmen Ben von den Gold Mountain Coffee Growers und Überzeugungstäter wie Rösterin Kati von Reprise Coffee Roasters.
Punktlandung
Von den höheren Einnahmen für den qualitativ besseren Kaffee können in Familien vor Ort endlich lange notwendige medizinische Eingriffe oder auch bessere Autos für den Transport des Kaffees realisiert werden.
Denn durch Wissensaustausch und Training, gepaart mit Experimentierfreude gelingt es, außergewöhnliche Tassenprofile zu erschaffen, die einen sehr attraktiven Markt finden.
Produzenten in Nicaragua eröffnet sich durch das Konzept der Finca Idealista ein sehr guter Weg, ihren Kaffee einer anderen Zielgruppe zu präsentieren. Mut, hohe Transparenz, Freude an neuen Prozessen und an hervorragender sensorischer Qualität mit hohen Punkten, zeigen Wirkung.
Auf einen Blick
→ Gold Mountain Coffee Growers
→ Finca Idealista
→ Kontakt für Europa, Offer List in Kilogramm, Samples: +1 215 932 5136 (Kati)
Für mehr Eindrücke vom Cupping, einfach auf den Pfeil am Rand klicken oder zur Vergrößerung auf das Bild klicken.