
Cupping ist nicht Dein Ding? Das kannst Du tun, um trotzdem ein sensorisches Ergebnis zu erhalten

Die einen lieben es: Kaffee schlürfen, Aromen erkennen, Geschmack beschreiben und damit schnell den Charakter eines Kaffees mit gekonnten Begriffe beschreiben.
Die anderen eher nicht: Und machen um Cuppings einen großen Bogen, aus verschiedensten Gründen. Sei es, weil sich der Sinn irgendwie nicht ergibt oder das Ergebnis als höchst subjektiv betrachtet wird, oder, oder, oder.
Und doch: Die sensorische Evaluation einer Röstung gehört zum Standard-Handwerk eines Rösters, meinen wir. Das Ergebnis in der Tasse ist der Lohn der aufwendigen Röst-Arbeit und das, woran Kunden das Röst-Können und Qualität beurteilen.
Was nun aber tun, wenn Cupping einfach, oder noch nicht Dein Ding ist?
Denn auf die ein oder andere Art willst Du wissen, ob Du noch am Röstprofil drehen musst. Oder ob Dein Rohkaaffee vielleicht schon zu alt ist.
Aus Gesprächen mit Röstern und unseren Beobachtungen in unseren Kursen haben wir einige Anregungen für Dich festgehalten.
Es ist kein Test
Warum nicht einfach mit einer Tasse beginnen? Genau. Eine Tasse mit einem Kaffee. Das nimmt Dir zum einen den Druck, und zum anderen erlaubt es Dir eine freie Bewertung.
Die Magie dieser kleinen Übungen liegt hierin: Es ist kein Test, sondern ein „mal sehen, was ich erkennen kann“. Es geht darum, Dich frei zu machen von dem Gedanken, dass es ein Test sei, wo es ein „Falsch“ und ein „Richtig“ gäbe und nichts dazwischen.
Es geht um Deine Wahrnehmung und wie Du sie in Worte fassen kannst. Daher kannst Du diese Übung auch schweigend und nur für Dich alleine durchführen.

Cupping, also das professionelle Verkosten eines Kaffees, gehört zu den wichtigen Fähigkeiten eines Rösters.
Von den anderen lernen
In unseren Kursen und auf Events erhalten wir oft die Rückmeldung, wie gut das Cupping in der Gruppe war. Mit Mehreren macht es häufig mehr Spaß und der persönliche Gewinn ist höher.
Denn von dem was die anderen über einen Kaffee denken und wahrnehmen, lässt sich eine Menge lernen. Es regt die eigene Wahrnehmung an und weitet das eigene Vokabular.
Und aus der Rolle des Beobachters lässt es sich ganz entspannt cuppen.
Nebenbei trainieren
Das geht so: Du nimmst Aromen und Texturen von anderen Lebensmitteln wahr und übst so Deine Wahrnehmung insgesamt. Damit fällt Dir die sensorische Beurteilung Deiner Röstung Schritt für Schritt leichter.
Ein Beispiel: Du genießt gerne ein Stückchen Vollmilchschokolade? Gut. Dann achte beim nächsten Mal wie cremig oder spröde sich die Textur im Mund anfühlt. Und auch, wie Vollmilch und Schokolade eigentlich genau schmeckt. Was macht es zur Vollmilch?
Wichtig bei dieser kleinen Übung ist, dass Du Dich zu 100 Prozent auf Deine Wahrnehmung konzentrierst. Das muss nicht lange dauern, aber für die Zeit müssen es Deine 100 Prozent in der Wahrnehmung sein. Das ganze dient zum Abspeichern verschiedener Eindrücke in Deinem sensorischen Gedächtnis.
Erlebst Du das Erlebnis so oder ähnlich bei einer Kaffee-Verkostung, fühlt es sich vertrauter an und Du kannst den Eindruck besser erkennen und benennen.
Vorübergehend auslagern
Vorübergehend deswegen, weil Du Deinen eigenen Kaffee immer besser selbst beurteilen können willst. Doch kurzzeitig kann es elegant sein, die Expertise in Deinem Umfeld oder von anderen Profis zu holen.
Wer kann das sein? Barista oder andere Mitarbeiter, die Freude am Cupping und an der sensorischen Kontrolle deiner Röstungen haben. Oder Du hast befreundete Röster, die diese Aufgabe gerne für Dich übernehmen. Und dann kommen noch Coffee-Trainer oder Coffee Consultants in Frage.
Es kommt ganz klar auch darauf an, welche Art des Cupping oder der sensorischen Analyse Du kurzzeitig auslagern willst: Deine Produktion verkostet sich nach anderen Standards als ein neuer Blend, ein Sample vom Rohkaffee-Händler, oder der Kaffee, der noch eine griffige Beschreibung für das neue Etikett braucht.

Muss ich etwas an der Röstung ändern? Die Verkostung kann Hinweise darauf geben.
Das erste am Morgen
Eine weitere Möglichkeit mit dem Cuppen Freunde zu werden, kann darin liegen, es morgens gleich zur ersten Aufgabe zu machen.
Zuerst eine Tasse mit einem Kaffee und dann werden es zwei Tassen und dann immer noch eine mehr und noch ein Kaffee mehr. Auf diese Weise wird es zur Routine und jeden Tag etwas einfacher.
Wo liegt das Problem
Wenn Du erst einmal weißt, welcher Teil des Cuppigs genau diesen inneren Widerstand hervorruft, ist es einfacher, genau diesen Teil zu umschiffen oder ihn anzugehen.
Was meinen wir? Ein Cupping besteht aus vielen Elementen, zum Beispiel
- dem Riechen,
- dem Standard-Prozedere als solchem,
- der Verwendung eines Protokolls,
- dass es so viel Zeit braucht,
- dem Erkennen der Grundgeschmacksarten,
- dem Erkennen und benennen von Aromen und Flavor,
- dem Erlebnis mit anderen,
- das sich drüber unterhalten, oder
- dem „Warum mache ich das überhaupt“…
Es gibt also wirklich viele Bestandteile eines Cuppings und das eine kann mehr Freude machen als das andere. Oder eben Widerstand erzeugen. Wenn Du für Dich weißt, welchen Teil Du mega findest, und welchen eher nicht, bist Du schon einen großen Schritt weiter.
Erfolge zeigen
Gerade wenn es Dich etwas Überwindung kostet, das Cupping doch anzugehen, willst Du Deine Erfolge festhalten. Vielleicht in Form von Kreuzen im Kalender oder in Form von gesammelten Protokollen, oder was immer Dir einfällt und groß und sichtbar ist. Klingt banal, wirkt aber.
Doch einen Kurs besuchen
Manchmal wundert man sich, was man in 6 bis 8 Stunden Sensorik-Kurs alles lernen kann. Vor allem, wenn es Dir mal systematisch und schön aufgedröselt gezeigt wird und zusammen mit anderen gemacht wird.
Das ist beim Kaffee oftmals so – Grau ist alle Theorie und daher braucht es den Austausch, das Training, das Machen.
Statt einen Kurs zu buchen kann es sich auch lohnen, einen Consultant für einen Tag einzuladen. Gerade wenn es noch weitere Mitglieder im Team gibt, die teilnehmen wollen oder (Reise-)Zeit ein relevanter Faktor ist.
Und doch führen alle Wege….
…dahin, die eigene sensorischen Fähigkeiten auszubilden. Da kommt keiner drumherum, der es mit Specialty Coffee ernst meint, denken wir.
Denn die eigene Röstung zu evaluieren, gehört zu den wichtigen Fähigkeiten eines Rösters. Schmeckt man den strohigen, alten Rohkaffee in der aktuellen Röstung? Kann ich eine Back-Note erkennen? Sind die wahrnehmbaren Säuren zu spitz und kitzeln den Nervus Trigeminus?
Wie wäre es, wenn wir mit einem Fachmann für Olivenöl, Käse, Wein oder Schokolade sprechen, und dieser seine Erzeugnisse nicht in Fachbegriffe fasen kann – Auch wenn er sie freundlicherweise für uns etwas „handlicher“ und greifbarer macht. Wir trauen ihm einfach mehr zu und glauben, dass er etwas von seinem Produkt versteht.
Mit diesen Anregungen hier wollen wir das „Oh je, oh je“ kleiner machen und Wege aufzeigen, wie Du Deine Fähigkeiten besser trainieren kannst. Alle haben mit dem ersten Schritt begonnen und wir sind uns sicher, es gibt wunderbare Gechichten von den Anfängen des Verkostens jedes Kaffee-Profis.
Dir fällt noch etwas ein aus eigener Erfahrung oder aus einer Beobachtung? Schreib’ mal an redaktion (@) roestprofile.de. Wir freuen uns auf Deine Nachricht!