
Der 2004er SCA-Bewertungsbogen ist dir ein Rätsel? Mit diesen beiden einfachen Elementen macht Kaffee bewerten wieder Spaß

Empfindest du das 2004-SCA Score Sheet auch als umständlich und schwer zugänglich, um Deinen Kaffee sicher zu bewerten?
Dann ist dieser Artikel für dich.
Denn bei einem Kundenbesuch erlebten wir deutlich wie selten, welche 2 Elemente wirklich wichtig sind, um aus dem Stand und ohne Vorkenntnisse damit zu arbeiten: Das eine ist ein guter Referenzkaffee. Und das andere ist eine gute Legende.
Wie diese beiden Elemente genau aussehen und wie es auch für dich funktionieren kann, liest du hier.
Davon reden wir
Damit wir eine gemeinsame Basis haben, lass uns kurz festhalten, von welchem Bewertungsbogen wir sprechen.
Wenn du das Bild vom SCA-Bogen mit den Kategorien von Flavor, Süße, Säure, Mundgefühl, Nachgeschmack und Balance vor Augen hast, sprechen wir vom selben Bogen.
Zur Klarheit prüfe mit dieses Bild, damit wir unsere gemeinsame Basis haben.

Der Kaffee-Bewertungsbogen oder auch Score-Sheet der SCA ist seit 2004 im Einsatz und behielt auch nach der Fusion aus SCAA und SCAE seine Gültigkeit.
Element 1: Der Referenzkaffee
Vielleicht geht es dir wie unseren Kunden beim Consulting: Du würdest das Sheet gerne mal testen und im weiteren sehen, ob du es in deiner Rösterei anwenden kannst. Du willst es eventuell auch als Basis, um daraus deinen eigenen Bewertungsbogen für deine Kaffees zu entwickeln.
Damit haben wir schon eine gute Voraussetzung, aber zum Gebrauch könnte noch etwas Erklärung her.
Es beginnt mit dem Referenzkaffee.
Du brauchst also neben dem Kaffee, den du bewerten willst, noch einen weiteren Kaffee, den Referenzkaffee. Denn deine Aufgabe ist es, den zu bewertenden Kaffee gegen die Referenz zu verkosten.
Dein Referenzkaffee muss einige Kriterien erfüllen. Und zwar haben sich diese als praxistauglich erwiesen:
- Der Referenzkaffee bringt etwas um die 81 bis 82 Punkte mit: Du willst einen Referenzkaffee, der gerade so als Specialty Coffee gilt und der eventuell zarte Flavornoten von Orange mitbringt, aber in keinem Kriterium top ist. Wir haben häufig Kaffees aus Mexico oder Guatemala als Referenzkaffees verwendet.
- Damit hat der den Vorteil, dass er nicht zu teuer ist, und kann schnell besorgt werden: Diese Art Kaffee ist schneller erhältlich und besser verfügbar als Kaffees, die sehr viel höher bepunktet sind. Denn es kann sein, dass du diesen Referenzkaffee öfters benötigst. Schau in deinem Sortiment, ob schon ein Kaffee für diese Zwecke verfügbar ist.
- Auch dieser Referenzkaffee wird erst mit dem SCA Score-Sheet verkostet: Mit diesem Kaffee legst du die Basis fest und verkostest diesen mit dem SCA-Scoresheet. Idealerweise seid ihr mehrere, wenn ihr den Referenzkaffee verkostet. Ihr legt dann dabei einmal die Werte und Eindrücke für Säure, Flavor, Aroma, Mundgefühl fest. Dieser Schritt ist wichtig und kann schon mal etwas Zeit in Anspruch nehmen.
- Eine helle Röstung kann von Vorteil sein. Hell bedeutet etwas in diesem Rahmen: ca.1 Minute in der Entwicklungszeit (DEV) und 8-10 °C im Delta t (Differenz First Crack – Auslasstemperatur).
Haben wir unseren Referenzkaffee festgelegt und verkostet und die Punkte dafür notiert, ist viel geschafft.
Diese Fragen willst du beantworten
Im nächsten Schritt verkosten wir jetzt unsere Kaffees gegen diesen Referenzkaffee.
Unterstellen wir uns 3 Kaffees auf dem Tisch, die wir mit dem Score-Sheet bewerten wollen.
Dein Tisch sieht jetzt so aus:
3 Kaffees, die zu bewerten sind
1 Referenzkaffee
Den Referenzkaffee kannst du dir mit einem „R“ makieren oder separat stellen.
Nun verkosten wir jeden unserer 3 Kaffees im Abgleich mit diesem Kaffee.
So geht’s
- Wir riechen am Kaffeemehl vom Referenzkaffee und danach an dem von Kaffee Nummer 1.
- Weichen die Aromen aus dem Kaffeemehl von Kaffee 1 ab?
- Sind sie intensiver (Intensität)?
- Oder weniger intensiv?
- Oder ist es sehr ähnlich?
Der Referenzkaffee ist im Aroma mit 7,25 bewertet.
Er bringt Noten von geröstetem Brot, Nuss oder etwas malziges mit. Eine zarte Fruchtnote ist auch erkennbar, es könnte eine gelbe Frucht sein.
Die Frage, die du beantworten willst, ist: Bringt Kaffee 1 die gleiche Charakteristik mit?
Wenn deine Bewertung niedriger ausfällt, bewertest du das Aroma mit einer geringeren Punktzahl.
Fällt deine Bewertung ähnlich aus, bewertest du das Aroma mit dergleichen Punktzahl.
Bewertest du das Aroma als intensiver und komplexer, fällt deine Punktzahl höher aus.
Das gleiche Vorgehen wenden wir nun für jede Eigenschaft, also für die Säure, den Nachgeschmack, Flavour, Mundgefühl/Body, etc an.
Die einzige Ausnahme bildet die Kategorie „Overall“: Hier kannst du frei entscheiden, wie viele Punkte der Kaffee von dir erhält, basierend auf allen Kaffees, die du schon mal getrunken hast.
Um die Magie des Referenzkaffees mit den Worten unseres Kunden zu beschreiben „Das ist ein echter Game-Changer!“
Element 2: Eine gute Legende für die Punkte
Kommen wir zum zweiten, was eine Bewertung einfacher macht: eine gute Legende.
Denn: Was genau bedeuten 7,5 Punkte bei Aroma? Wie kann ich das sprachlich ausdrücken?
Die SCA gibt diese Legende mit an die Cupper-Hand:

Die Skala des 2004er-SCA Kaffeebewertungsbogen weist nur bei ganzen Punktzahlen Bezeichnungen aus.
Wir erkennen, dass „7,0“ mit „sehr gut“ bewertet ist. Aber bei „7,25“ fehlen mir schon die Worte. Erst bei „8,0“ bekomme ich wieder eine Bewertung an die Hand, nämlich „excellent“.
Um mit dem SCA-Sheet besser arbeiten zu können, bedarf es unserer Erfahrung nach, eine detailliertere und praxis-taugliche Benennung der verschiedenen Bewertungen. Oder anders: Wie schmeckt und riecht ein Kaffee mit 7,5 Punkten?
Du kannst die Frage auch herumdrehen: Mein Kaffee bringt Noten von Toastbrot, Malz und Zartbitterschokolade mit. Eine leichte Fruchtnote erkenne ich auch, ohne dass ich sie benennen kann. Welche Punktzahl ist angemessen?
So könnte eine Kombination aus Punktzahl und Legende aussehen, hier am Beispiel Aroma:
bitter, röstig dominant: <6 P
röstig+ wenige feine Aromen: 6 P
karamell+nussig dominat: 7 P
leicht fruchtig + nussig/schokoladig: 7,25 P
Ab dem Wert „7“ kannst du in Schritten von 0,25 weiter gehen mit deiner Legende. Dies gilt dann auch für die anderen Kategorien wie Säuerlichkeit (Acidity), Nachgeschmack, Mundgefühl, Balance und Gesamt.
Und damit kannst du dann viel einfacher deine Kaffees bewerten.
Die Kombination von Referenzkaffee und einer guten Legende macht unserer Erfahrung nach das Score-Sheet viel zugänglicher und praxistauglicher.
Was gibt es noch zu wissen?
Das SCA-2004er Sheet beantwortet im Kern die Frage „Handelt es sich bei diesem Kaffee auf dem Tisch um einen Specialty Coffee – Ja oder Nein?“
Während eines Durchgangs kannst du deine Bewertungen ändern. Manche arbeiten deswegen mit einem Bleistift.
Die Bewertungen unterhalb einer „6“ kann in ganzen Schritten erfolgen, also „5“ oder „6“. Es gibt keine Zwischenstufen hier. Erst ab „7“ aufwärtes kannst du mit Schritten in 0,25 Abständen arbeiten. Bei anderen Bewertungsbögen ist diese Regelung abweichend.
Die Bewertung der Kategorie „Overall“ kann nicht niedriger sein, als deine geringste Punktzahl für diesen Kaffee in einer anderen Kategorie.